"Jazz Podium"

Zwischenmenschliche Vibrationen

Karlheinz Miklin Trio

Zum 20jährigen Jubiläum



Wiedererkennungswert und Persönlichkeit sind das Bouquet im Jazz. Jene Qualität, die über alle Stilistik, Technik und Kunstsinnigkeit hinaus ein Klima des Vertrauens in die Urbanität dieser Musik bringt und die den Erfolg des jeweiligen Jazzmusikers entscheidend mitbestimmt. Wenngleich dieser Erfolg kein schneller sein kann.


Der Saxophonist Karlheinz Miklin hat sich mit seinem allmählich aber umso organischer gewachsenen Sound und der Herzhaftigkeit seines unprätentiösen Ausdrucks über die vielen Jahre buchstäblich in die Herzen seiner Fans gespielt. Daß er sich heute auf ein großes Publikum verlassen kann, liegt ganz einfach daran, daß sich dieses auf ihn verlassen kann. Weil seine Musik so ist, wie sie ist. Er ist kein Jazzer der coolen Exekution, auch keiner, der sich den vorherrschenden Einflüssen ergibt oder seine

eigenen musikalischen "roots" aus südösterreichischer Provinz mit jenen schwarzer Musik verwechselt. Karlheinz Miklin ist ein expressiver Musiker, dem Klima und Formgefühl in der Band mehr am Herzen liegen als geeichte Metrik. Und immer schon hat KHM mehr am reinen Klang gearbeitet als an der Geschwindigkeit, füllt so seinen eigenständigen Stil mit viel Sinnlichkeit in den vielen hausgemachten Balladen und mit zupackender Rasanz in Up-Tempo-Stücken. Heute zählt Karlheinz Miklin zweifellos zur Handvoll führender Jazzmusiker aus Österreich mit internationaler Reputation.


Beinahe so etwas wie Kultstatus genießt das Karlheinz Miklin Trio in der österreichischen Jazzszene. Nicht zuletzt deshalb, weil seine Gründung in eine Zeit fällt, wo einerseits noch der Geist der berühmten österreichischen Jazzpioniere spürbar war und andererseits eine aus dem aufkommenden Pool der Jazzstudenten genährte Aufbruchsstimmung einzog, die sich gerade in Graz exemplarisch in der Gründung der bis heute dauerhaften, sogenannten M59-Konzerte manifestierte. In diesem Jahr feiert das Karlheinz Miklin Trio nun sein zwanzigstes Jubiläum.


Das integrative Trio mit dem in Österreich an Vielseitigkeit, Kontinuität und großem Musikerherzen unübertrefflichen Bassisten Ewald Oberleitner und dem aus der nächsten Generation kommenden Schlagzeuger Heimo Wiederhofer gilt heute als ein Inbegriff des modernen österreichischen Jazz, dessen Referenzen vom Yatra Jazzfestival im indischen Bombay über "Umbria Jazz" in Perugia oder der "Blues Alley" in Washington bis zu den "Encuentros" in Santiago de Chile reichen. Oberleitner ist seit der ersten Stunde dabei, für Wiederhofer werden es auch schon wieder elf Jahre, seit er die Reihenfolge Brüning von Alten, Gerhard Wennemuth und Erich Bachträgl fortzusetzen begann. Das Karlheinz Miklin Trio ist in den zwanzig Jahren seines Bestehens zu einer österreichischen Spitzenband avanciert, die geradezu sensationelle Auftritte in der ganzen Welt feiern konnte und keine Vergleiche mit amerikanischen Vorbildern zu scheuen braucht.


Mit seiner Beständigkeit, dem Charisma des traumwandlerisch kommunizierenden Kern-Gespanns Miklin/Oberleitner und seiner stilistischen Offenheit auf der Höhe der Zeit ist das Trio aber auch zu einem lebendigen Symbol für die Jazzstadt Graz geworden.

Ein Trio, das es in all den Jahren verstand, den Eindruck seiner Unverbrauchtheit zu erhalten, das mit zunehmend reiferem Sound mehr und mehr an Ruhe gewann und

dessen heimliches Markenzeichen ein gewisses intimes Brennen zwischenmenschlicher Vibrationen ist.


Otmar Klammer

"Jazz Podium" Dezember 1998